BND-NSA-Affäre

Jonas brütet wieder einmal über den NSA-BND-Berichten in den Medien. Schließlich macht er sich Luft mit der vielsagenden Äußerung: »Nicht zu fassen!«
»Was ist denn nicht zu fassen?«, reagiert Clara genervt, wissend, dass sie zum NSA-Thema häufig anderer Meinung ist als Jonas.
»Die sind doch absolut naiv! Als ob es irgendeinen Geheimdienst gäbe, der sich im Ausland an die dort gültigen Gesetze halten würde.«
»Aber Jonas, ich bitte dich, die USA sind doch unsere Freunde! Wie die Kanzlerin sagt: Das geht doch gar nicht.«
»Clara, diese Aussage musste sie natürlich machen. Und sie erhoffte sich Unterstützung von Obama, dass die USA einem No-Spy-Abkommen zustimmen würden. Das hat sie immerhin, was ihre Person anbelangt, auch erreicht. Aber allgemein für Deutschland: No way. Das ist eben naiv, das wird die US-Regierung nie zusagen.«
Clara erregt: »Dann müssen die Medien eben noch mehr Druck machen!«
»Ach Clara, es wird gar nichts bringen. Für die Presse ist das natürlich ein gefundenes Fressen. Seit Snowden, das geht jetzt schon fast zwei Jahre. Weißt du, für Journalisten und Politiker der Opposition sind Geheimdienste in höchstem Maße Verdächtige, auf die man sich stürzen muss. Anstatt den Bürger zu schützen, verfolgen die doch ausschließlich das Ziel, uns und andere auszuspionieren.«
»Wieso das denn!?«, reagiert Clara empört.
»Na ja, die Opposition versucht verzweifelt der Regierung Fehler oder falsche Entscheidungen nachzuweisen. Da Geheimdienste im Verborgenen arbeiten – müssen – ,sonst bräuchte man sie ja nicht, lassen sich hier trefflich Behauptungen aufstellen, deren Wahrheitsgehalt sich weder durch das parlamentarische Kontrollgremium noch in einem wortgewaltig inszenierten Untersuchungsausschuss aufklären lässt. Statt dessen kann man mit Rücktrittsforderungen Punkte machen. Jüngste Beispiele: Schindler, Altmaier, de Maizière.
»Okay, die haben ihre parteipolitischen Interessen, allen voran Altmeister Ströbele, der kann sich eloquent in Szene setzen, das muss man ihm lassen. Aber bitte wieso sollte denn die Presse die Geheimdienste als potenziell Verdächtige ansehen?«
»Es ist doch so: Was Geheimdienste tun, wird nicht offen gelegt, den Medien muss das grundsätzlich suspekt sein, denn sie haben die Aufgabe, aufzuklären. Wie soll das gehen? Es geht so: Man spricht gewagte Vermutungen aus oder noch besser, man zitiert gerne Personen, die spektakuläre Behauptungen aufstellen, am besten man zitiert solche, die den Innenminister oder sogar die Kanzlerin der Lüge bezichtigen, so kommt man in die Schlagzeilen. Warum? Weil die Leute sensationslüstern genau das gerne lesen, um dann mit diesen Quasierkenntnissen – um nicht zu sagen Quatsch – an ihren Stammtischen das große Wort zu führen!«
Clara jetzt wirklich erbost: »Aber Jonas, ich bin entsetzt, die Leute wollen einfach wissen, was sich hinter den Kulissen abspielt, und da sind investigative Recherchen einiger Medien höchst willkommen und absolut lobenswert. Du hast da eine total einseitige Sicht.«
»Clara beruhige dich, ich betreibe hier keine Journalistenschelte, das ist ein anerkannter und anstrengender Beruf. Aber ich durchschaue eben das System!«
»Welches System denn bitte!?«
»Die Auflage einer Zeitung, eines Magazins steht absolut im Vordergrund! Wenn sich das durch neue Erkenntnisse oder beweisbare Wahrheiten erzielen lässt, prima! Beim Thema Geheimdienste ist das aber selten der Fall. Also wird das Thema wochen- und monatelang wiederkäuerisch mit immer den selben Vermutungen und Spekulationen vor sich hingeköchelt. Snowden war ein Volltreffer für die Medien!«
»Na also! Und da kam nun wirklich viel ans Licht, wovon niemand eine Ahnung hatte!«
»Aber dass die Sauerlandgruppe, die ganz konkrete Anschläge in Deutschland geplant hatte, durch Erkenntnisse der US-Geheimdienste aufgeflogen ist, weiß heute kaum noch jemand. Es wundert mich eh, dass das bekannt wurde, denn Erfolge der Geheimdienste werden niemals an die große Glocke gehängt.«
»Du redest, als wärst du Eingeweihter.«
»Ich nicht, aber Joe war es in gewisser Weise.«
»Jedenfalls kam durch Snowden scheibchenweise das ganze unglaubliche Ausmaß dieser Ausspähungen ans Licht!«
»D’accord. Und hier setzt meine Kritik ein. Warum wird eigentlich nichts über russische und chinesische Geheimdienste berichtet!? Ich sag’s dir: Weil es weder einen russischen noch einen chinesischen Snowden gibt und es wird ihn niemals geben.«
»Ja und, da können doch die Medien nichts dafür.«
»So einfach ist es eben nicht! Joe hat mir einiges über diese „geheimen Apparate“ erzählt! Grundsätze, die unserem Verständnis eines Rechtsstaates entsprechen, sind diesen Geheimdiensten völlig egal! Recherchen könnten einiges ans Licht bringen, was Joe seit langem schon wusste. Was die Amerikaner mit Prism und Keystone ausspähen, machen die Russen längst mit dem Programm „Sorm“. Hast du darüber schon mal was Substanzielles in den Medien hierzulande gelesen?«
»Nein, das sagt mir nichts. Ist wohl nicht wichtig, sonst würde man es ja erfahren.«
»Ja siehst du Clara, so denken alle. Leider ganz falsch!! Mit Russland und China gibt es keine Zusammenarbeit der Geheimdienste und die scheren sich einen Dreck um unsere demokratischen Grundrechte. Was an Wirtschaftsspionage betrieben wird, da ist noch nicht einmal die Spitze des Eisbergs erkannt. Joe wusste darüber eine Menge!«
»Was denn im Detail?«
»Ich erinnere dich an das Kapitel „Joe kann’s nicht lassen“ und an das letzte Kapitel im Krimi „Im Zeichen der Zwillinge“ von Germar Wiehl. Mehr lass ich hier nicht raus. Sollen die Leute doch den Krimi lesen. Du als Protagonistin dieses Romans wirst das wohl auch so sehen.«
»Jonas, dieses Mal muss ich dir zustimmen.«

Joe Moser, der verschollene Security-Experte im Krimi „Im Zeichen der Zwillinge“ wusste schon vor Jahren über die Verflechtung der Geheimdienste BND und NSA Bescheid. Und er wusste noch viel mehr: z. B. über die Auswirkungen des USA PATRIOT Act auf Wirtschaftsspionage. Das Gesetz wurde schon 2006 in Kraft gesetzt. Und er warnte vor den russischen und chinesischen Geheimdiensten, von denen hierzulande kaum jemand Notiz nimmt. Naiv! Warum nur?

Mehr von Clara und Jonas

Gut zu Wissen