Leihkatz – Schreikatz

Unsere Leihkatz – eine Schreikatz

Gestern haben wir unsere Leihkatz, also unsere Malefizkatz, wieder ihren Frauchen übergeben, nachdem sie in der Früh aus heiterem Himmel doch noch plötzlich auf den Apfelbaum gesprungen ist. Mit 22 Jahren! Als ob sie uns am Ende noch schnell beweisen wollte, was noch in ihr steckt. Kurz vorher hatte sie das Telefonat mit ihren Frauchen mitgekriegt und wusste also, dass sie abgeholt wird.

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Es ist faszinierend, in ihrem Alter hat sie ihr Kommunikations-Repertoire nun noch deutlich erweitert: Sie schreit in den höchsten Tönen! So ähnlich wie ein Rabe, zwar länger anhaltend und ein wenig höher in der Frequenz, wobei sie die Oberwellen fein justiert, je nachdem was sie ausdrücken möchte.
Lustig, gell? Nein, überwältigend! Eindrucksvoll, unglaublich!
Der Schmerzschrei ist für uns Menschen der unangenehmste: Nicht direkt schrill, aber er tut weh im Ohr. Hat sie dann wirklich Schmerzen? Oh ja! Das geht so: Sie schreit, und schreit noch mal, herzerschütternd, dann geht sie nicht auf’s Katzenklo, sondern in die Duschwanne. Wie bitte? Ihr glaubt es nicht – sie pinkelt da rein. Warum tut sie das!? Sie zeigt, dass sie mit ihrem Urin Blut ausscheidet. Deshalb hat sie Schmerzen und deshalb schreit sie so. Also ab zum Tierarzt. Kortisonspritze. Hoffentlich hilft es nachhaltig. Bis jetzt ja.
Herzerfrischend ist der Lebenslust-Schrei. Er klingt laut, angenehm, stark und doch sanft. Man weiß sofort, jetzt fühlt sie sich sauwohl. Es ist nicht wie beim Streicheln, wenn sie schnurrt. Sie läuft weg, ins Souterrain oder die Treppe rauf ins Obergeschoss oder auf ihren Spielteppich und dann schreit sie eben, mehrmals, vergnügt. Soll heißen: Ach ist das schön hier im Haus und bei euch. Mir gehören alle Etagen! Im Garten gibt es diesen Schrei nicht, da ist sie achtsam und auf alles gefasst. Immer auf der Hut vor Katern, die sie überhaupt nicht mag.
Dann gibt es noch den Steht-endlich-auf-Schrei. Man will ja manchmal etwas länger schlafen. Das lässt sie nicht durchgehen. Dieser Schrei ist lang anhaltend und fordernd. Wie sie das mit der Oberwellenmodulation hinkriegt ist uns schleierhaft. Auf jeden Fall stehst du dann senkrecht im Bett. Wenn keiner reagiert, schreit sie noch mal. Bis zu drei mal, wir haben’s ausprobiert. Dann obsiegt offensichtlich ihr gutes Benehmen oder sie meint, wir hätten den Schlaf bitter nötig.
Sind wir dann aufgestanden, folgt unmittelbar der Fressnapf-ist-leer-Schrei. Der ist kurz, aber schrill und begleitet von einem Blick, der sagen will, wie kann das nur passieren! Nach mehrfacher Wiederholung wird er aber sanfter und die Malefizkatz beginnt aufdringlich um die Beine zu wanzen. Das geht so weit, dass sie einen laufend zum Stolpern bringt und durchaus sogar eine Kollision in Kauf nimmt. Ist der Fressnapf endlich gefüllt, schnuppert sie kurz daran und trollt sich davon, ohne einen Happen probiert zu haben. Sammler-Mentalität. Zum Davonlaufen!
Ziemlich provozierend ist der empörte Was-soll-denn-das!-Schrei. Meistens kommt er aus dem Souterrain. Was geht in ihr vor? Wenn wir das so sicher wüssten. Vermutlich mosert sie wegen des geschlossenen Fensters. Früher konnte sie da aus und ein, wann immer sie wollte. Das lieben alle Katzen. Dann aber passierte das: Ein fremder Kater stieg ein, das war die Hölle für sie. Sie flüchtete durchs ganze Haus. Schließlich sprang sie in Panik von der Galerie auf einen Schrank im Wohnzimmer – leider auf den dort stehenden Blumentopf. Der kippte und fiel mitsamt der Katz auf den Boden. Unglücklicherweise war ihr schöner schwarzer Schwanz dazwischen. Seitdem hat er einen Knick und das Fenster bleibt zu!
Immer wieder mal schläft sie einen ganzen Tag durch. Dafür ist sie dann am nächsten Tag topfit. Dann tänzelt sie auf ihrem Spielteppich herum und stößt den Spiel-Schrei aus. Der ist der merkwürdigste aller ihrer Schreie. Er beginnt mit einem gut gelaunten Gurren, das in Schreien übergeht und mit dem katzentypischen lang gezogenen Miauuuu endet. Es ist unglaublich, was diese Katze alles auszudrücken vermag! Dann packt sie eine dieser Spielmäuse und schleudert sie einen dreiviertel Meter in die Höhe.
Ach ja, um es nicht zu vergessen, dann hat sie noch den Tagesschau-Schrei drauf. Einige Minuten vor 20 Uhr – kann sie die Uhr lesen?- begibt sie sich auf den Sessel vor dem Fernseher und stößt diesen sanften, lockenden Schrei aus. Sie weiß, dass sie dann eine Viertelstunde lang ausgiebig durchgeknuddelt wird. Diese Malefizkatz!
Es gibt noch einen merkwürdigen Sound – er ist nicht dem Schrei-Repertoire zuzuordnen – den sie rauswürgt, wenn sie spucken muss. Beängstigend röhrend klingt das, wie ein Hirsch der balzt, natürlich in angemessener Lautstärke. Wenn sie sich dann befreit hat von einem Haarknäuel oder von unverträglichem Fressen geht sie einen Bogen um den versauten Cotto und schaut einen selbstbewusst an. Soll heißen: Bitte wegputzen, ihr seid das Personal, ich kann’s ja nicht.
Ja mei, sie ist so eine liebe Malefizkatz!

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