Odyssee des Edward Snowden

Clara: »Jonas, was schreibst du denn da so Wichtiges? Wir wollten doch spazieren gehen und noch einiges einkaufen, bevor die Läden schließen. «
»Schon gut, ich bin gerade fertig geworden, das ist eine grandiose Geschichte. Hier lies:«
Die ARD hat am 12.1.2014 – leider erst spät abends – eine packende Sendung über die Odyssee, das Abenteuer der Flucht des Edward Snowden gebracht. Aus Hawaii, wo er noch für die NSA tätig war, über Hongkong nach Moskau. Die anfangs etwas reißerische Dramaturgie sei dahingestellt, so zählen doch die Fakten, die auf Basis der exklusiven Recherchen von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR ermittelt und in einer durch und durch spannenden und glaubwürdigen Story dargestellt wurden. Am meisten überrascht hat die zentrale Helferrolle von Julian Assange, der mit Wikileaks im Hintergrund, in der Botschaft von Ecuador in London festsitzend, die Fäden in der Hand hielt und die Planung der abenteuerlichen Ausreise Snowdens aus Hongkong organisierte. Dabei gelang es ihm wiederholt durch geschickte Manipulationen z. B. durch Vielfachbuchungen die amerikanischen Geheimdienste auszutricksen. Beeindruckend auch der selbstlose Einsatz der jungen Journalistin und Vertrauten von Assange, Sarah Harrison. Schließlich hat sie mit größtem Risiko und unter schwierigsten Umständen Edward Snowden über vier Monate begleitet und entscheidend dazu beigetragen, dass diese Flucht gelingen konnte. Ebenfalls erstaunlich, in welcher Offenheit der frühere Chef der NSA, Michael Hayden, zu kritischen Fragen der Journalisten Stellung genommen hat. Interessant besonders diese Aussage von ihm: „Die Chinesen haben einen großartigen Geheimdienst. Ich würde alle meine Achtung vor ihnen verlieren, wenn sie nicht sehr genau gewusst hätten, was sich abspielte.“
Offensichtlich ungeklärt bleibt, warum einige europäische Länder der Maschine des bolivianischen Präsidenten Evo Morales keine Landeerlaubnis erteilt haben. Wegen der vermuteten Mitreise Edward Snowdens? Das erwies sich jedoch als Trugschluss, er war nicht in der Maschine.
In der anschließenden Sendung des ARD über das „Schlachtfeld Internet – Wenn das Netz zur Waffe wird“ wurden die Gefahren durch Cyberattacken vor allen Dingen auf lebenswichtige Infrastrukturen (z. B. Energieversorgung) eindringlich und authentisch dargelegt. Allerdings – wie es fast immer bei diesem Thema zu beobachten ist – absolut einseitig! Die größte Gefahr, die meisten Cyber-Attacken sind selbstredend aus den USA zu erwarten, so der Tenor. Die russischen und chinesischen Aktivitäten werden zwar am Schluss erwähnt, aber man zeigt kaum etwas Konkretes, sodass der Zuschauer den Eindruck mitnimmt, dass es sich hier nur um Randerscheinungen handelt.
Das aber wäre eine völlig falsche Schlussfolgerung, die Cyberattacken dieser beiden Länder zusammen sind zahlreicher und viel gefährlicher als die der USA! Siehe hierzu auch den Beitrag „Riesiger Datenklau“ auf dieser Website. Die Industrie- und Wirtschaftsspionage ist das zentrale Ziel dieser Länder.
Joe Moser, der IT- und Security-Experte im Kriminalroman „Im Zeichen der Zwillinge“, hat einige europäische Unternehmen gegen Industriespionage beraten und wusste bestens Bescheid, was im Netz alles läuft. Leider kann man ihn jetzt nicht mehr fragen, er ist seit August 2013 verschollen.
Was ist denn nun der Grund für diese einseitige, antiamerikanische Darstellung in den Medien?
Ganz einfach: Es gibt weder einen russischen noch einen chinesischen Edward Snowden. Deshalb liegen kaum Informationen über deren Geheimdienste vor, die man publizistisch vermarkten könnte. Nun ja, es gäbe schon einiges zu berichten: Joe Moser erwähnt im Buch das russische Spähprogramm „Sorm“ sozusagen das Gegenstück zum amerikanischen „Prism“. Er behauptet zu wissen, dass die russische Regierung die Telecoms und Internet Provider verpflichtet hat, dieses Spähprogramm zu installieren und dass der russische Geheimdienst FSB freie Hand hätte, Daten auszuwerten. Darüber allerdings erfährt man hierzulande – nichts!
Übrigens: Datenschutz, Vorratsspeicherung, Rechtsstaatlichkeit, wie steht’s denn damit in diesen Ländern?

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